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Koffein ist eine der meist konsumiertesten Substanzen weltweit (Antonio et al., 2024). Es wird unter anderem für seine stimulierende Wirkung geschätzt und ist natürlicher Bestandteil von Kaffee, Tee oder Kakao, oder in synthetischer Form z.B. in Energy-Drinks enthalten (Jeukendrup & Gleeson, 2024). Trotz umfangreicher Forschung und zahlreichen Belegen bestehen allerdings weiterhin Unklarheiten und Fragen bezüglich der Wirkamkeit und Sicherheit des Konsums von Koffein (Antonio et al., 2024). Diese betreffen u.a. mögliche Dehydrationseffekte, den Fettabbau fördernde Wirkungen oder gesundheitliche Folgen. In einem 2024 im Journal der Internationalen Gesellschaft für Sporternährung (International Society of Sports Nutrition, ISSN) erschienenen Artikel nahmen Antonio et al. aus diesem Grund eine evidenzbasierte wissenschaftliche Bewertung der zu Koffeinkonsum und -supplementation vorhandenen Literatur vor. Im Folgenden wird eine Auswahl der in diesem Artikel behandelten Aspekte zusammengefasst, sodass für detailliertere Informationen ein Blick in den Originalartikel empfohlen wird.
Koffein als Suchtmittel
Eine weit verbreitete Annahme ist, dass Koffein abhängig macht. Während Koffein zwar wie andere Substanzen missbraucht werden kann und ebenso Entzugserscheinungen auftreten können, kann aufgrund derzeitiger mechanistischer Erkenntnisse bzgl. der Wirkung von Koffein und den SUD-Kriterien (SUD: Substance Use Disorders; dt.: Substanzgebrauchsstörungen) die Kategorisierung Koffeins als süchtig machende Substanz nicht vollständig unterstützt werden. Dem liegt zugrunde, dass Uneinigkeit über die Definition des Begriffes und des Konzeptes der „Sucht“ und mangelnde Klarheit bzgl. Belohnungsmechanismen nach dem Konsum von Koffein besteht. Zukünftige Forschungsergebnisse könnten aber auch zu einer Anpassung dieser Bewertung führen (Antonio et al., 2024).
Psychische Gesundheit
Viele Personen konsumieren Koffein gerne, um die eigene Wachsamkeit zu steigern und Müdigkeit entgegenzuwirken. Während Koffein mit der Ausschüttung von Glückshormonen wie Dopamin und Serotonin in Verbindung gebracht wird und moderater Koffeinkonsum (bis zu 400 mg/Tag) so möglicherweise das Risiko für die Entwicklung von Depressionssymptomen senken könnte, ist die Beziehung zwischen Koffein und psychischen Erkrankungen nicht ausnahmslos positiv (Antonio et al., 2024). Eine übermäßige Koffeinzufuhr kann z.B. Unruhe und Nervösität auslösen, sowie Angstsymptome verstärken, wobei letztere häufig zusammen mit Depressionen auftreten. Somit gilt allgemein, aber insbesondere für diesbezüglich empfindliche Personen, sich seinem Koffeinkonsum und dessen Auswirkungen auf sein individuelles Wohlbefinden bewusst zu sein. Darüber hinaus kann ein exzessiver Koffeinkonsum den Schlafrhytmus negativ beeinflussen, indem die Einschlafzeit erhöht und die Schlafqualität durch z.B. vermehrtes nächtliches Aufwachen gemindert werden kann (Antonio et al., 2024).
Dehydrierung
Auch wird angenommen, Koffeinkonsum fördere die Dehydrierung und erhöhe das Urinvolumen. Jedoch stellen Schlussfolgerungen einiger wissenschaftlicher Arbeiten dieses Dogma infrage (Antonio et al., 2024). Killer et al. (2014) verabreichten gewohnheitmäßigen Kaffeetrinkern entweder vier mal am Tag 200 ml Kaffee (4 mg Koffein/kg Körpergewicht, ca. 308 mg) oder Wasser. Zwischen Forschungs- und Kontrollgruppe ergaben sich keine Unterschiede in Bezug auf das Körperwasser und das Urinvolumen. Mehrere Untersuchungen zeigen jedoch, dass erhöhte Dosen von ≥500 mg (≥6 mg/kg) akut das Urinvolumen erhöhen können. Solch hohe Dosen repräsentieren allerdings keine gewöhnlichen täglichen moderaten Zufuhrmengen und sind somit nicht für einen praktischen Vergleich geeignet (Antonio et al., 2024).
Auch während sportlicher Belastungen scheint vorheriger Koffeinkonsum maximal nur sehr geringe Auswirkungen auf den Hydrationsstatus zu haben. Faktoren wie die individuelle Schweißrate, die Hydrationsstrategie und genetische Faktoren scheinen hier einflussreicher zu sein. Ebenso ist von Bedeutung, ob mit dem Koffein weitere Zutaten und Flüssigkeit zugeführt wurden, z.B. als Teil eines Pre-Workout Supplements (Antonio et al., 2024).
Kardiovaskuläre Gesundheit
In der Wissenschaft sind einige potenzielle kardiovaskuläre Vorteile von Koffein dokumentiert. So könnte z.B. regelmäßiger Koffeinkonsum durch Kaffee das Risiko für Schlaganfälle oder Herzversagen, sowie die Entwicklung weiterer Risikofaktoren, wie Diabetes Typ-2, reduzieren. Dennoch birgt Koffein auch mögliche Risiken für das Herz-Kreislauf System. Diese hängen dabei mit der Dosis und individuellen Verträglichkeit von Koffein zusammen. Hoher Koffeinkonsum korreliert dabei mit erhöhter Arteriensteifigkeit, einem Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, und einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen (Antonio et al., 2024). Antonio und Kollegen fassen zusammen, dass das individuelle kardiovaskuläre Risikoprofil von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird, zu denen neben der Koffeindosis auch die Dauer sowie die Art des Konsums (Kaffee, Tee, etc.) zählen. Ferner komplizieren weitere individuelle Faktoren, z.B. die Genetik und der Stoffwechsel, die Bewertung des individuellen Risikos, durch Koffein kardiovaskuläre Beschwerden zu entwickeln (Antonio et al., 2024).
Gewöhnungseffekt und sportliche Leistung
Anders als theorisiert, beeinflusst gewohnheitlicher Koffeinkonsum die Wirkung einmaliger akuter Verabreichungen mögliche leistungssteigernde Effekte des Koffeins anscheinend nicht negativ. Vermutbar wäre, dass durch regelmäßigen Konsum die Toleranz gegenüber einer bestimmten Dosis steigt, sodass eine höhere Dosis nötig wäre, um den gleichen erhofften Effekt auf die sportliche Leistung auszulösen. Die Ergebnisse mehrerer Studien lassen eine solche Schlussfolgerung jedoch nicht zu. Weil viele dieser Studien allerdings keine Informationen über habituellen Koffeinkonsum enthalten, sind für definitivere Aussagen weitere Untersuchungen nötig. Für eine mögliche Leistungssteigerung scheinen aber hohe Dosen von 6 bis 9 mg Koffein /kg Körpergewicht nötig (Antonio et al., 2024).
Nachmittags-Crash
Ein nachmittäglicher „Crash“, also ein Einbruch der Leistungsfähigkeit oder ein Eintritt von Müdigkeit, soll Vermutungen nach eintreten, nachdem das am Morgen zugeführte Koffein im Körper eliminiert wurde. Wissenschaftliche Erkenntnisse können Behauptungen darüber, dass eine nach dem Aufwachen verzögerte Koffeinzufuhr einen „Crash“ am Nachmittag verhindere bzw. dass ein solcher überhaupt aus einem frühen Koffeinkonsum nach dem Aufwachen resultiert, allerdings nicht bestätigen. Der einzige Grund dafür, Koffein nicht unmittelbar nach dem Erwachen zuzuführen wäre, dass Schlaf eigentlich dazu dient, Energie für das Gehirn wiederherzustellen, sodass die Notwendigkeit einer Koffeinzufuhr zu diesem Zeitpunkt eigentlich am geringsten wäre, sofern kein Schlafmangel bestehen sollte (Antonio et al., 2024).
Fettabbau
Die möglichen Auswirkungen von Koffein auf den Stoffwechsel wurden bereits häufig untersucht. Obwohl die Ergebnisse mancher Studien positive Effekte von Koffeinkonsum auf den Fettstoffwechsel und Gewichts- sowie Körperfettreduktionen vermuten lassen, unterstützt die aktuelle Evidenzlage den Gebrauch von Koffein als Mittel zur Gewichtsreduktion aufgrund insgesamt widersprüchlicher Daten nicht. Diese lassen sich durch viele potenzielle Störfaktoren in den Versuchen erklären, wie u.a. die Standardisierung der Nahrungsaufnahme, die Körperzusammensetzung der Probanden und Probandinnen zu Beginn der Studie, die Koffeindosis und mögliche Gewöhnungseffekte an diese während des Studienzeitraums sowie mögliche synergistische Effekte anderer zeitgleich mit dem Koffein konsumierter Substanzen (Antonio et al., 2024).
Literatur
(1) Antonio, J., et al. (2024). Common questions and misconceptions about caffeine supplementation: what does the scientific evidence really show?. Journal of the International Society of Sports Nutrition 21:1, 2323919. DOI: 10.1080/15502783.2024.2323919
(2) Jeukendrup, A. & Gleeson, M. (2024). Sport Nutrition (Fourth Edition). Human Kinetics.
(3) Killer, S.C., et al. (2014). No evidence of dehydration with moderate daily coffee intake: a counterbalanced cross-over study in a free-living population. PLoS ONE 9(1): e84154. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0084154


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