Rote Bete und sportliche Leistung: Wirkungsmechanismen und praktische Empfehlungen

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Zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit und Adaptation an sportliches Training greifen Sportler und Sportlerinnen häufig auf Nahrungsergänzungsmittel zurück. Auch rote Bete und Produkte, die rote Bete beinhalten, wie Saft oder Konzentrate, sind dabei bereits in den Fokus gerückt. Hintergrund dessen ist der hohe Gehalt an dietätischem Nitrat (NO3-), den die rote Bete wie auch andere Obst und Gemüse (z.B. Sellerie, Spinat, Rhabarber) natürlicherweise aufweist. NO3- wird im Körper durch mehrere Stoffwechselprozesse zu Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt, welches wiederum durch die physiologischen Effekte, die es auslöst, das Potenzial besitzt, die sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern. So hat das IOC (Internationale Olympische Komitee) Nitrat neben Kreatin und Koffein als Supplement klassifiziert, welches die Leistungsfähigkeit steigern kann (Arazi et al., 2021). Im Folgenden werden basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen die grundlegenden Wirkungsmechanismen von NO3- und NO im menschlichen Körper genauer erläutert, sowie praktische Empfehlungen zum Konsum roter Bete und Nitrat im Hinblick auf eine potenzielle Steigerung der sportlichen Leistung gegeben.

Stoffwechsel und Wirkungsmechanismen

Nach dem Konsum von Nitrat wird dieses in der Mundhöhle von Bakterien und Enzymen zu Nitrit (NO2-) umgewandelt (Domínguez et al., 2017). Sobald NO2- geschluckt wurde, wird es über den Darm absorbiert und gelangt in den Blutkreislauf, wo es im Blut und in den Geweben, in denen es benötigt wird (z.B. dem Muskel), von zahlreichen Enzymen und Proteinen zu NO reduziert werden kann (Arazi & Eghbali, 2021; Jeukendrup & Gleeson, 2024). Dieser Prozess scheint durch eine geringe Sauerstoffverfügbarkeit erleichtert zu werden, sodass NO dort produziert werden kann, wo es am meisten benötigt wird; z.B. im Skelettmuskel bei Ausdauerbelastungen (Jeukendrup & Gleeson, 2024). Es gibt mehrere Aktionsmechanismen:

Zunächst kann NO durch seine gefäßerweiternden Eigenschaften den Blutdruck senken und Blutfluss zu Geweben fördern, die aktuell weniger Sauerstoff (O2) erhalten oder mehr O2 verbrauchen (Jeukendrup & Gleeson, 2024). So kann eine erhöhte NO-Plasmakonzentration die Ausdauerleistungsfähigkeit, vor allem im aeroben Stoffwechsel, positiv beeinflussen (Domínguez et al., 2017). Der dadurch gesteigerte O2-Transport zur kontrahierenden Muskulatur erklärt jedoch nicht den reduzierten O2-Verbrauch während sportlicher Belastungen. Vielmehr wirkt NO viel direkter, indem es unter anderem das Verhältnis von Phosphat und Sauerstoff in den Mitochondrien erhöht, was bedeutet, dass mehr ATP (Adenosintriphosphat; die Energiequelle für alle zellulären Prozesse) pro konsumierter Menge O2 gebildet wird (Jeukendrup & Gleeson, 2024). Weil NO auch die Effizienz der Kraftproduktion der Skelettmuskulatur erhöhen kann, wird der Energieverbrauch (in Form von ATP) während körperlicher Aktivität reduziert, was zusätzlich die Laktatbildung hemmt und so das Einsetzen körperlicher Ermüdung verzögern kann (Arazi & Eghbali, 2021; Jeukendrup & Gleeson, 2024). Bei moderater bis intensiver Ausdauerbelastung können diese Effekte den O2-Verbrauch um bis zu 5% reduzieren und damit die Ausdauerleistung steigern. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass NO die mitochondriale Biogenese (die Bildung neuer Mitochondrien) fördert und damit möglicherweise die Adaptation an Ausdauerbelastungen optimiert (Jeukendrup & Gleeson, 2024).

Ebenso kann die Kraft- und Schnelligkeitsleistung durch den Konsum von NO3- verbessert werden, da der dadurch gesteigere Blutfluss zur Muskulatur bevorzugterweise die Typ II- Muskelfasern (die schnellzuckenden Muskelfasern, die viel Kraft entwickeln können) zu betreffen scheint (Arazi & Eghbali, 2021). Diese werden insbesondere bei Kraftleistungen gegenüber schweren Widerständen und bei schnellen Muskelkontraktionen (z.B. beim Sprinten) aktiviert. Desweiteren scheint eine erhöhte NO-Konzentration die Kraftleistung durch eine erhöhte neuromuskuläre Effizienz und Calcium (Ca2+) -Ausschüttung bei einer Muskelkontraktion positiv beeinflussen zu können (Arazi & Eghbali, 2021). Ca2+ liegt im nicht aktiven Muskel in einer geringen Konzentration vor, die jedoch bei einer Aktivierung des Muskels durch eine Signalkaskade inkl. neuronaler Signale ansteigt, was zur Kontraktion des Muskels führt. Zusätzlich beeinflusst Ca2+ die Energiebereitstellung im Muskel, indem es die Spaltung von ATP initiiert und den Abbau des Muskelglykogens zu Glukose beschleunigt. Aus dieser Glukose wird dem Muskel Energie zur Kontraktion bereitgestellt (De Marées, 2017).

Praktische Empfehlungen

Um aber wirklich von einer Zufuhr roter Bete bzw. anderer Nitratquellen profitieren zu können, ist eine gewisse Dosis nötig. Die aktuell als effektiv geltende Dosis liegt dabei zwischen 6 und 8 mmol, d.h. zwischen 370 und 500 mg Nitrat. Diese Menge wäre in etwa 500 ml natürlichem rote Bete Saft enthalten oder 70 ml eines höher konzentrierten Produktes (wie z.B. einem Shot). Diese Menge Nitrat sollte etwa 2 bis 3 Stunden vor der sportlichen Belastung konsumiert werden. Hochtrainierte Sportler und Sportlerinnen könnten jedoch erst von einer höheren Dosis profitieren (Jeukendrup & Gleeson, 2024). Hierbei ist es dringlichst empfehlenswert, zunächst unter Trainingsbedingungen zu testen, inwiefern der Konsum dieser Menge Nitrat und/oder roter Bete vertragen werden kann, um möglichen gastrointestinalen Beschwerden vor oder während des Wettkampfs vorzubeugen.

Auch wenn eine akute einmalige Einnahme bereits wirksam sein kann, erscheint eine chronische tägliche Zufuhr dieser Nitratmenge leicht effektiver zu sein (Jeukendrup & Gleeson, 2024). Eine optimale Nitratsupplementation kann bei mehreren Arten körperlicher Belastung (Ausdauer oder Wiederholungssprints) eine ungefähre Leistungssteigerung von 3% bewirken (Senefeld et al., 2020). Die Effektivität einer akuten ergänzenden Nitratzufuhr ist dazu abhängig von individuellen Faktoren wie dem Alter, dem Trainingsstatus und den Normativen (Intensität, Dauer) der sportlichen Belastung, und reicht nicht aus, um chronische Adaptationen (z.B. die mitochondriale Biogenese) zu fördern. Eine chronische Zufuhr von etwa 6 Tagen Dauer scheint sich aber bereits positiv auf die Ausdauerleistung auswirken zu können (Arazi & Eghbali, 2021). Erwähnt werden sollte außerdem, dass sich das Urin nach dem Verzehr großer Mengen roter Bete pink verfärben kann. Diese farbliche Veränderung hat allerdings keine negativen gesundheitlichen Folgen und sollte demnach keine Besorgnis erregen (Jeukendrup & Gleeson, 2024).

Literatur

Arazi, H., & Eghbali, E. (2021). Possible Effects of Beetroot Supplementation on Physical Performance Through Metabolic, Neuroendocrine, and Antioxidant Mechanisms: A Narrative Review of the Literature. Frontiers in Nutrition8, 660150. https://doi.org/10.3389/fnut.2021.660150

De Marées, H. (2017). Sportphysiologie (9. Auflage). Sportverlag Strauß.

Domínguez, R., Cuenca, E., Maté-Muñoz, J., García-Fernández, P., Serra-Paya, N., Estevan, M., et al. (2017). Effects of Beetroot Juice Supplementation on Cardiorespiratory Endurance in Athletes. A Systematic Review. Nutrients9(1), 43. https://doi.org/10.3390/nu9010043

Jeukendrup, A., & Gleeson, M. (2024). Sport Nutrition (Fourth Edition). Human Kinetics.

Senefeld, J. W., Wiggins, C. C., Regimbal, R. J., Dominelli, P. B., Baker, S. E., & Joyner, M. J. (2020). Ergogenic Effect of Nitrate Supplementation: A Systematic Review and Meta-analysis. Medicine & Science in Sports & Exercise52(10), 2250–2261. https://doi.org/10.1249/MSS.0000000000002363


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